Was erwartet uns in der Kinderwunschpraxis oder -klinik?
Meist nennen sich derartige Praxen und Kliniken IVF-Zentren (In-Vitro-Fertilisations-Zentren), was bedeutet, dass in diesen Zentren eine künstliche Befruchtung „im Reagenzglas“ durchgeführt wird. Hier wird zunächst noch intensiver als zuvor untersucht, welchen Grund es für die Kinderlosigkeit gibt.
Das wichtigste jeder ärztlichen Diagnose und Therapie ist die Krankheitsvorgeschichte, die Anamnese. Bringen Sie deshalb bitte zur Erstuntersuchung möglichst alles mit, was für eine Kinderwunschbehandlung von Bedeutung sein könnte:
1. Arztberichte über bestehende Erkrankungen (besonders Diabetes, Herz- und Nieren- und Schilddrüsenerkrankungen) und durchgeführte Operationen.
2. Familiäre Belastungen (am besten ist ein Stammbaum, in dem familiäre Erkrankungen aufgeführt sind, z.B. auch Thrombosen und Embolien, Krebserkrankungen usw.)
3. Unterlagen wie Impfpass und Röntgenpass (falls vorhanden). Klären Sie bitte, ob Sie gegen Röteln, Masern, Mumps, Windpocken und Keuchhusten immun sind, ob also Antikörper nachweisbar sind.
Der Ausschluss anderer Infektionserkrankungen wie Hepatitis B und C und HIV-Infektion wird ebenfalls vor einer aufwendigen künstlichen Befruchtung abgeklärt. Sollten Sie eine künstliche Befruchtung im Ausland beabsichtigen, klären Sie, ob diese Untersuchungen Bestandteil der künstlichen Befruchtung sind, oder ob sie extra bezahlt werden müssen.
4. Bringen Sie alle Unterlagen über bisherige Behandlungsversuche, Basaltemperaturkurve, spez. Medikamenteneinnahme (z.B. Clomifen), das Spermiogramm des Partners u.a.m mit. Sollten z.B. Laparoskopien (Bauchspiegelungen) noch nicht erfolgt sein, muss man sich darauf einstellen, dass die Eileiterfunktion, also die Durchgängigkeit der Eileiter überprüft wird. Das kann möglicherweise mit einer Kontrastmitteluntersuchung per Ultraschall durchgeführt werden. Eine bessere Übersicht erzielt der Arzt aber im Rahmen einer Bauchspiegelung (Laparoskopie), bei der auch Verwachsungen, Endometrioseherde, Zysten usw. erkannt und gleichzeitig behandelt werden können. Nicht durchgängige Eileiter stellen übrigens die zweithäufigste Ursache der weiblichen Sterilität dar.
5. Nun erst kommt die eigentliche Behandlung. Im einfachsten Fall ist das eine Insemination, bei der das Sperma direkt an den Muttermund gebracht wird. Es könnte auch versucht werden, mit einer Tabletteneinnahme über 5 Tage (Clomifen) den Eisprung zu verbessern bzw. auszulösen. (Achtung, selbst bei dieser Behandlung ist es möglich, dass eine Mehrlingsschwangerschaft mit 2-3 Kindern entsteht).
Sollte diese Behandlung nicht erfolgreich sein, kann zusätzlich FSH (Follikel- stimulierendes Hormon) gespritzt werden, damit mehr Eizellen heranreifen.
6. Erst wenn diese Behandlung nicht erfolgreich war, kommt die künstliche Befruchtung, also die Befruchtung im Reagenzglas ins Spiel. Mit der sog. „In-Vitro-Fertilisation“ (IVF) wurde 1978 in England Louise Brown geboren. Prof. Robert Edwards aus London, der später dafür mit dem Nobelpreis geehrt wurde, hat diese Methode entwickelt. Dabei müssen die ausgereiften Follikel unter Ultraschallsicht punktiert werden. Die so gewonnenen Eizellen werden von den Spermien in einem Reagenzglas befruchtet.
Bei eingeschränkter Fertilität des Mannes kann ein einzelnes Sperma direkt in die Eizelle gespritzt werden. Man nennt das ICSI (intrazytoplasmatische Spermieninjektion).
In Deutschland hat man sich darauf verständigt, generell nicht mehr als 2 befruchtete Eizellen in die Gebärmutter einzupflanzen, um die risikoreichen und belastenden Schwangerschaften mit Drillingen oder gar Vierlingen zu vermeiden. Das Risiko liegt dennoch bei ca. 20 Prozent, sollte also nicht unterschätzt werden. Mehrlingsschwangerschaften haben zudem auch ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten, was leider im Wesentlichen mit der Qualität der befruchteten Eizellen zu tun hat. Die ersten 12 Wochen sind die Zeit einer relativen Unsicherheit, bis die Wahrscheinlichkeit eines überlebenden und gesunden Kindes feststeht.
Um die oft langwierige Prozedur abzukürzen, sollten bereits im Vorfeld eine Reihe von Blutuntersuchungen durchgeführt worden sein (siehe Frage 8).